Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 spricht man nicht mehr von Übergewicht, sondern von Adipositas. Die Ursachen dafür sind komplex und vielfältig. Doch wie lässt sich Adipositas behandeln oder sogar vermeiden, um das Risiko für Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck zu senken? Ein Überblick.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Adipositas als komplexe chronische Krankheit, welche sich durch übermässige Fettablagerungen bemerkbar macht, die die Gesundheit beeinträchtigen können. Deshalb wird oftmals auch von Fettleibigkeit oder Fettsucht gesprochen.
Zur Abgrenzung von Übergewicht und Adipositas wird der BMI beigezogen:
Adipositas wird dann nochmals in drei unterschiedliche Grade eingeteilt:
Gemäss der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022 des Bundesamts für Statistik leben 31% der Schweizer Bevölkerung mit Übergewicht, 12% sind von Adipositas betroffen. 30 Jahre zuvor lagen diese Werte noch bei 25 resp. 5 Prozent. Bei den Männern war der Anteil der Personen mit Übergewicht im Jahr 2022 mit 39,1% deutlich höher als bei den Frauen mit 22,8%. Betreffend Adipositas waren die Werte ausgeglichener: Bei den Männern waren 13,2% betroffen, bei den Frauen 11%. Die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas steigt mit dem Alter und erreicht ihren Höhepunkt in der Altersgruppe von 65 bis 74 Jahren, wobei 66% der Männer und 43% der Frauen betroffen sind. Es gibt auch Unterschiede zwischen den Sprachregionen: In der italienischsprachigen Schweiz ist der Anteil der Menschen mit Übergewicht und Adipositas geringer als in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz.
Der selbst wahrgenommene Gesundheitszustand ist ebenfalls wichtig: Menschen mit Adipositas bewerten ihre Gesundheit öfter als schlecht oder sehr schlecht im Vergleich zu Normalgewichtigen. Zudem leiden sie häufiger unter Depressionen und niedrigem Energieniveau, was die enge Verbindung zwischen physischer Gesundheit und psychischem Wohlbefinden verdeutlicht. Diese Daten zeigen, dass Übergewicht und Adipositas auch in der Schweiz bedeutende Herausforderungen darstellen.
Gemäss Weltgesundheitsorganisation (WHO) lebte 2022 eine von acht Personen mit Übergewicht. In der Altersgruppe 18+ waren 43% von Übergewicht von 16% von Adipositas betroffen. In konkreten Zahlen waren das 2,5 Milliarden Personen mit Übergewicht und 890 Millionen mit Adipositas. Im Vergleich zum Jahr 1990 hat sich die Anzahl der erwachsenen Personen mit Adipositas verdoppelt, bei den Kindern und Jugendlichen sogar vervierfacht. Die tiefste Adipostas-Rate unter den Erwachsenen hatte 2022 Vietnam mit 2,04%, die höchste Amerikanisch-Samoa mit 75,92%. Im Vergleich mit 200 Ländern lag die Schweiz mit 12,46% auf Platz 156, wobei Platz 200 der tiefsten Adipositas-Rate entspricht. Verglichen mit ihren Nachbarländern schneidet die Schweiz besser ab.
Grundsätzlich entstehen Übergewicht und Adipositas, wenn mehr Energie aufgenommen als verbrannt wird. Dann speichert der Körper die überschüssige Energie in Form von Fett im Körper. Es gibt jedoch verschiedene Faktoren, die Übergewicht und Adipositas begünstigen können.
Betreffend Übergewicht und Adipositas spielen die Gene eine grosse Rolle. Sie können zum Beispiel den Stoffwechsel beeinflussen. Zudem bestimmen sie, wie der Körper Fett speichert und verbrennt.
Betrachtet man den Lebensstil, ist es oftmals eine Kombination aus Bewegungsmangel und unausgewogener Ernährung, welche Übergewicht begünstigt. Die Gründe dafür können vielseitig und von Betroffenen nicht immer kontrollierbar sein. Mögliche Faktoren sind zum Beispiel eine mangelnde Aufklärung über gesunde Ernährungsgewohnheiten oder auch fehlende Bewegungsmöglichkeiten am Wohnort.
Psychologische Einflüsse können beispielsweise unser Essverhalten beeinflussen. So können zum Beispiel Frust, Stress oder Traurigkeit zu Heisshunger und weiteren unausgewogenen Ernährungs-Entscheidungen führen. Kurzfristig ist dies zwar nicht problematisch, langfristig kann emotionales Essen jedoch Übergewicht begünstigen.
Es gibt verschiedene Erkrankungen, die den Stoffwechselzyklus beeinflussen und dadurch das Risiko für Übergewicht und Adipositas erhöhen. Dazu gehören zum Beispiel:
Durch das erhöhte Risiko für Folgeerkrankungen steigen auch die möglichen Gesundheitskosten durch vermehrte Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte. Und auch dadurch entstandene Arbeitsausfälle haben finanzielle Folgen.
Übergewicht und Adipositas können nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit negativ beeinflussen. Dies hat wiederum einen Einfluss auf die allgemeine Lebensqualität.
Setzt das überschüssige Fettgewebe im Körper Entzündungsstoffe frei, kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um ein zwei- bis fünffaches erhöht werden. Dazu gehören beispielsweise:
Das überschüssige Fettgewebe kann ausserdem die Insulinempfindlichkeit der Zellen beeinträchtigen und dazu führen, dass die Blutzuckerwerte erhöht sind. Das sind beides Risikofaktoren für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes. Hinzu kommt, dass die Lebenserwartung bereits ab einem BMI von über 25 sinken kann.
Weitere körperliche Folgen:
Auch die Psyche kann unter Übergewicht und Adipositas leiden. Mögliche Folgen sind:
Bei der Behandlung von Übergewicht und Adipositas werden oftmals verschiedene Methoden kombiniert, um das Gewicht zu reduzieren und dann auch langfristig zu halten. Die Basistherapie besteht dabei aus den drei folgenden Behandlungsmethoden:
Zusätzlich sind auch eine medikamentöse Therapie oder operative Eingriffe möglich. Wann welche Behandlungsmethode zum Einsatz kommt, wird von der medizinischen Fachperson von Fall zu Fall geprüft.
Bei der Ernährungstherapie geht es nicht nur darum, massgeschneiderte Ernährungspläne zu erstellen, sondern auch Wissen über eine ausgewogene Ernährung zu vermitteln und Betroffene bei der Änderung ihrer Essgewohnheiten zu unterstützen. Bei der Bewegungstherapie wird laufend darauf hingearbeitet, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren. Dabei muss es sich – vor allem zu Beginn – nicht gleich um sportliche Aktivitäten handeln. Ein erster Schritt kann zum Beispiel sein, mehr zu Fuss zu gehen. Das beeinflusst nicht nur das Gewicht positiv, sondern beispielsweise auch den Blutdruck, das Immunsystem und die Laune. Bei der Verhaltenstherapie können Ängste und Sorgen angesprochen und an der Selbstakzeptanz gearbeitet werden. Zudem kann sie dabei helfen, Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern.
Adipositas-Medikamente sind verschreibungspflichtig und werden in der Regel eingesetzt, wenn die Basistherapie, wie Ernährungsumstellung und Bewegung, nicht die gewünschten Erfolge erzielt hat.
Zu den Medikamenten zählen beispielsweise injizierbare Behandlungen und Tabletten. In einer umfassenden Behandlungsstrategie können medikamentöse Therapien eine wertvolle Unterstützung bieten, besonders wenn nicht-pharmakologische Ansätze allein nicht ausreichen. Es ist wichtig zu betonen, dass die Basistherapie weiterhin ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung bleibt und in Kombination mit medikamentösen Therapien verfolgt wird.
Ein möglicher chirurgischer Eingriff zur Behandlung von Adipositas ist die bariatrische Chirurgie. Dabei wird ein Teil des Magens entfernt oder umgestaltet, wodurch Betroffene schneller satt werden und weniger Nahrung aufnehmen.
Zu den häufigsten Verfahren gehören:
Beide Verfahren führen zu einer signifikanten Reduzierung der Nahrungsaufnahme und des Körpergewichts. Patienten werden dabei von Fachpersonen, einschliesslich einer Ernährungsberatung, begleitet – auch postoperativ – um nachhaltige Erfolge zu erzielen.
Eine entscheidende Rolle bei der Prävention von Übergewicht und Adipositas spielen ein gesunder Lebensstil und das Etablieren von gesundheitsfördernden Routinen. Zu den Grundlagen gehören:
Auch die Gesellschaft hat eine grosse Verantwortung, wenn es um die Prävention von Übergewicht und Adipositas geht. Dabei muss auf verschiedenen Ebenen angesetzt werden:
Zusammenfassend ist es wichtig, dass die Gesellschaft nicht nur präventive Massnahmen ergreift, sondern auch aktiv an der Entstigmatisierung von Übergewicht und Adipositas arbeitet. Nur so kann ein Umfeld geschaffen werden, in dem Betroffene die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um ihre Gesundheit zu verbessern.
In der Schweiz gibt es zahlreiche Anlaufstellen, die Adipositas-Betroffene unterstützen. Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu motivieren. Vereine wie die Allianz Adipositas Schweiz setzen sich für Aufklärung, Prävention und Unterstützung ein. Online stehen Informationsplattformen wie meingewichtverstehen.ch zur Verfügung, die umfassende Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten und Anlaufstellen bieten. Adipositas-Zentren in Spitälern oder spezialisierten Kliniken bieten multidisziplinäre Therapien und auch der Hausarzt ist eine wichtige Anlaufstelle.