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Gesünder leben?

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Shinrin Yoku: Waldbaden für Wohlbefinden und Gesundheit

Den Alltag hinter sich lassen und mit allen Sinnen in den Wald eintauchen – das bedeutet Waldbaden, oder japanisch Shinrin Yoku. Dass der achtsame Aufenthalt zwischen Bäumen Stress reduziert und die Gesundheit fördert, ist wissenschaftlich erwiesen. Hier erfährst du, was es beim Waldbaden zu beachten gilt.

Was ist mit Waldbaden gemeint?

Mit allen Sinnen tief in den Wald eintauchen – das ist Waldbaden oder Shinrin Yoku. In der Regel unternimmt man dabei einen sehr langsamen, achtsamen Spaziergang, bei dem man Farben, Licht und Schatten sowie Gerüche bewusst wahrnimmt, Blätter, Baumstämme und Wurzeln spürt, barfuss geht und nach Geräuschen wie Blätterrascheln oder Wind horcht. Dabei geht es stets darum, sich zu erholen und Energie zu tanken. «Dem Waldbaden wird eine stressreduzierende und gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt», erklärt Martina Föhn, Waldachtsamkeitstrainerin und Forscherin an der ZHAW.

Was bedeutet Shinrin Yoku?

Dies ist der japanische Begriff für Waldbaden. Die Aktivität ist in den 80er-Jahren in Japan entstanden, einem Land mit einem sehr hohen Waldanteil. Populär gemacht hat sie der Arzt Prof. Dr. Qing Li von der Nippon Medical School. Der Immunologe konnte zusammen mit dem Umwelt-Gesundheitsforscher Prof. Dr. Yoshifumi Miyazaki verblüffende gesundheitliche Wirkungen nachweisen. Er hält Vorträge und hat Bücher darüber geschrieben. In Japan ist Waldmedizin als Gesundheitsprävention staatlich anerkannt. An japanischen Universitäten wird die Therapie sogar als fachärztliche Spezialisierung angeboten.

Welche Wirkung hat ein Waldbad?

sihlwald

Der Aufenthalt im Wald kann die Aktivität des Herzes, des Nervensystems und der Atmung verbessern. Zudem soll das Waldklima:

  • Stresssymptome reduzieren
  • die Schlafqualität steigern
  • eine positive Wirkung bei Aufmerksamkeitsstörungen und Depressionen haben.
Martina Föhn
Dem Waldbaden wird eine stressreduzierende und gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt
Martina Föhn, Waldachtsamkeitstrainerin sowie Dozentin und Forscherin an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil.

Was sagt die Wissenschaft zu Shinrin Yoku?

Lange galt Waldbaden als Humbug aus der esoterischen Ecke. Doch die Forschung von Waldmediziner Qing Li und seinem Team zeigt, dass beim Aufenthalt im Wald das Stresshormon Cortisol abnimmt, die Atmung tiefer und ruhiger wird, die Herzfrequenz sinkt und die Muskeln sich entspannen und sogar vermehrt Proteine gebildet werden, welche das Krebsrisiko senken. In einer Studie konnten die Effekte sogar mehr als 30 Tage später noch nachgewiesen werden.

Die Wirkung der ätherischen Öle

Es muss erst noch erforscht werden, welche Wirkung der Schweizer Wald auf die Gesundheit hat.

Die gesundheitsfördernde Wirkung ist einer Mischung von Faktoren geschuldet. Eine wichtige Rolle spielen wahrscheinlich die sogenannten Terpene. Dabei handelt es sich um den Hauptbestandteil der von Pflanzen produzierten ätherischen Öle. Sie werden von den Bäumen an die Luft abgegeben und dienen als Lockmittel für Insekten, als Abwehrmittel gegen Bakterien oder zur Kommunikation untereinander. Die Duftstoffe werden auch für kosmetische Produkte verwendet und sind für die Pharmakologie von Interesse. Die Konzentration von Terpenen ist im Frühling und Sommer grösser als im Winter, weil die Vegetation dann üppiger ist und die Wärme die Verdampfung beschleunigt.

Die Expertin Martina Föhn ordnet die Studienlage ein:

  • Nicht alle vorliegenden Studien aus dem asiatischen Raum entsprechen den neusten Standards.
  • Zum Beispiel sei die Teilnehmerzahl teilweise zu klein oder die Untersuchungen wurden in geschlossenen Räumen mit Duftproben durchgeführt statt im Wald selbst.
  • Die Vegetation in Japan, wo die Wirkung erforscht wurde, sei anders als in der Schweiz, und somit auch die Art und Kombination der Terpene verschieden.

Das Fazit der Forscherin: «Es muss erst noch erforscht werden, welche Wirkung der Schweizer Wald auf die Gesundheit hat.»

Die Rolle der akustischen und optischen Reize

Neben den olfaktorischen Reizen spielen aber auch akustische und optische Reize eine wichtige Rolle. Nachgewiesen ist zum Beispiel:

  • Vogelgezwitscher mildert Ängstlichkeit und irrationale Gedanken (Max-Planck-Gesellschaft, 2022), während Verkehrslärm depressive Zustände verschlimmert.
  • Auch andere Geräusche in der Natur wie etwa das Plätschern eines Bächleins oder das Rauschen des Windes (PNAS, 2021) in den Baumkronen beeinflussen die Gefühlslage und das Schmerzempfinden positiv.
  • Die Farbe Grün mit all ihren Tönen und Nuancen hat ebenfalls eine beruhigende, glücklich machende und schmerzlindernde Wirkung (ZHAW).

Noch stärker zeigen sich diese Effekte in einer natürlichen Umwelt als in einem Park, wie eine noch nicht publizierte, von Martina Föhn geleitete Studie ergeben hat. Die ZHAW-Forschenden haben Probandinnen und Probanden je 15 Minuten in einer natürlichen Umgebung, einem künstlich geschaffenen Park mit ähnlichen Strukturen und einem neutralen Raum in einem Gebäude verweilen lassen. Im ersten Setting sank dabei die Herzfrequenz am stärksten und die Teilnehmenden gaben ihre Stimmung am positivsten an.

Achtsamkeit und Waldklima kombiniert

Bei einem Waldbad rührt der Abbau von Stress aber wahrscheinlich nicht nur von den Sinnesreizen her, sondern mindestens so sehr von der Entschleunigung und den Achtsamkeitsübungen, die meist dazugehören. Die ursprünglich aus dem Buddhismus stammende Praktik fördert die Wahrnehmung der Umgebung und des eigenen Körpers sowie die Konzentration auf das Hier und Jetzt. Ihre gesundheitsfördernde Wirkung ist wissenschaftlich nachgewiesen. «Wahrscheinlich ist es die Kombination von Waldklima und Achtsamkeit, welche den positiven Effekt ausmachen», sagt ZHAW-Forscherin Martina Föhn.

Für wen eignet sich Waldbaden?

Waldbaden-Therapie in der Schweiz

Jede Person kann das ausprobieren, um ihr Wohlbefinden zu steigern und die Gesundheit zu fördern. Einzelpersonen können in Workshops erste Erfahrungen mit dem Ertasten von Baumstämmen und Betrachten von Moosen und Flechten machen. Die Methode stösst zudem im psychotherapeutischen Bereich vermehrt auf Interesse. Diverse Institutionen bieten gut besuchte Ausbildungsgänge an. Auch Tourismusorganisationen heben die Wirkung des Waldbadens in ihrer Region hervor. Die Schweiz ist reich an Wäldern, einige davon stechen mit ganz besonderen Eigenschaften hervor, die auch das Waldbaden noch intensiver machen können.

Tipps, damit das Waldbaden gelingt

Eine strenge Anleitung gibt es in dieser Praktik nicht. Idealerweise besucht man als erste Erfahrung ein geleitetes Angebot. Wer es lieber allein ausprobiert, kann sich an folgende Tipps halten:

  1. Genügend Zeit: Um wirklich in den Wald einzutauchen und richtig abschalten zu können, ist es wichtig, nicht unter Zeitdruck zu stehen. Etwa zwei Stunden solltest du schon einplanen.
  2. Geeignete Kleidung: Sorge dafür, dass du nicht von Kälte oder Hitze abgelenkt wirst. Je nach Jahreszeit wählst du also warme Schuhe und Regenschutz oder leichte Kleidung. (Achtung: Zecken! Stopfe die Hosen in die Socken und trage ein langärmliges Shirt.) Packe auch eine Flasche Tee oder Wasser ein, dafür lässt du das Telefon besser zuhause.
  3. Beachte das Wetter: Bei Sturm oder Gewitter solltest du nicht in den Wald gehen.
  4. Ankommen: Such dir zuerst einmal ein besonders schönes Plätzchen, an dem du dich wohlfühlst – etwa eine Bank oder einen Baumstrunk. Setz dich hin und schau dich um. Dann schliesst du die Augen und aktivierst deine Sinne: Was hörst du, was fühlst du, was riechst du? Versuche, den Alltag hinter dir zu lassen und dich nur auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.
  5. Tempo rausnehmen: Beim Waldbaden gilt genau das Gegenteil als beim Sport: je langsamer, desto besser. Schlendere in gemächlichem Tempo herum und versuche, so viel wie möglich zu entdecken: einen moosbewachsenen Ast, Pilze, Blümchen, die Farbe und Form der Blätter und Kräuter, Tautropfen, einen besonderen Stein, eine knorrige Wurzel, Ameisenhaufen, Käfer, Vögel, Schnecken oder eine Waldmaus.
  6. Schuhe ausziehen: Je nach Temperatur und Empfindlichkeit deiner Füsse ist es wohltuend, einen Teil der Strecke barfuss zurückzulegen. Gehe langsam und vorsichtig über Laub, Moos, Tannzapfen, Wurzeln oder stehe in ein Bächlein. Nimm den Untergrund mit der ganzen Fusssohle und jedem Zeh intensiv wahr.
  7. Wo darfst du dich aufhalten? Im Prinzip ist der Wald frei zugänglich. Zeige aber Respekt gegenüber dem Lebensraum Wald und beachte Verhaltensregeln, Reservate und Wildruhezonen. Betrachte dich als Gast im Wald.
  8. Waldbaden als Selbsttherapie? Ernsthafte Krankheiten können mit dieser Methode nicht ausreichend behandelt werden. Bei schwerwiegenden Symptomen solltest du einen Arzt oder eine Psychiaterin konsultieren.

Fazit: Allein machen oder unter Anleitung?

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Im Prinzip tut jeder Spaziergang und jede sportliche Betätigung in der Natur gut. Falsch machen kannst du also sicher nichts, wenn du Waldbaden auf eigene Faust ausprobierst. Noch intensiver könnte das Erlebnis allerdings ausfallen, wenn du dich einer Gruppe mit einer erfahrenen Leitung anschliesst, die verschiedene Techniken aufzeigt. Gerade für Menschen mit wenig Zeit und Geduld ist es so oft leichter, sich ganz darauf einzulassen.

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von Andrea Söldi,

veröffentlicht am 24.02.2025


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