Gemütlich im Wohnzimmer arbeiten, kein Pendel-Stress: Seit der Pandemie ermöglichen viele Firmen ihren Mitarbeitenden flexiblere Arbeitsmodelle. Dies habe Vorteile für beide Seiten, sagt eine Fachfrau.
Letzten Frühling wurde der lang gehegte Wunsch vieler Angestellter praktisch von einem Tag auf den anderen erfüllt: Sogar Vorgesetzte, die dem Homeoffice bisher skeptisch gegenüberstanden, schickten ihre Mitarbeitenden während des Lockdowns nach Hause. Hals über Kopf wurde die Zusammenarbeit über Videokonferenzen neu organisiert. Bis 2018 war der Anteil jener, die mindestens einen halben Wochentag zuhause arbeiteten, nur sehr zögerlich auf 24 Prozent angestiegen. 2020 verlieh die Pandemie dem Setting so richtig Schub: Fast alle, deren Beruf es zuliess, arbeiteten für mindestens sechs Wochen im eigenen Wohn- oder Schlafzimmer.
Unterdessen haben diverse Unternehmen ihre Mitarbeitenden wieder zurück ins Büro beordert. Doch immer mehr Vorgesetzte erkennen auch die Vorteile flexiblerer Arbeitsmodelle und erlauben die Heimarbeit zumindest teilweise. Häufig wird gewünscht, dass an Tagen mit wichtigen Sitzungen alle vor Ort sind, während für den Rest der Woche keine Präsenzpflicht besteht.
Die hohe Zufriedenheitsquote war insofern bemerkenswert, als die Arbeitsform für die meisten ganz unvorbereitet und in einer insgesamt verunsichernden Situation umgesetzt wurde. Besonders gefordert waren Eltern von Schulkindern, als auch die Schulen geschlossen waren. Deloitte hat deshalb interessiert, wie sich die Befindlichkeit der Angestellten seither entwickelt hat.
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Anfang 2021 - während des zweiten Shutdowns - hat das Beratungsunternehmen erneut eine Befragung durchgeführt. Diese hat gezeigt, dass viele auch langfristig bei dem Modell bleiben möchten. Fast zwei Drittel der 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer antworteten, dass sie in Zukunft mindestens die Hälfte der Arbeitszeit oder sogar ganz und gar daheim arbeiten möchten. Lediglich 12 Prozent wollen die gesamte Zeit im Büro verbringen.
Für die Beliebtheit dieser Arbeitsweise wurden verschiedene Gründe genannt: Das Wegfallen des Arbeitswegs, eine flexiblere Gestaltung der Arbeitstage oder das Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden. Fast die Hälfte der Befragten fühlt sich zudem produktiver im Homeoffice als im Büro. Als Hindernisse wurden hingegen fehlende Räumlichkeiten und Infrastruktur sowie vor allem der Mangel an persönlicher Interaktion genannt. Eine interessante Erkenntnis dieser zweiten Studie ist auch, dass längst nicht alle Angestellten bei sich zu Hause arbeiten. Fast die Hälfte der Befragten nutzt das flexible Setting gelegentlich auch, um bei Freunden, in einer Ferienwohnung oder in einem Co-Working-Space zu arbeiten.
Deloitte-Bereichsleiterin Veronica Melian empfiehlt den Unternehmen, ihren Mitarbeitenden auch künftig ein sinnvolles Mass an Heimarbeit zu ermöglichen. «Eine gänzliche Ablehnung wäre nicht zukunftsfähig.» Vorgesetzte sollten ihre Mitarbeitenden nicht über eine strenge Kontrolle von Präsenz und Arbeitszeit steuern, sondern über eine gemeinsame Mission. Wenn einige oder viele von extern arbeiten, sei es aber auch wichtig, für einen guten Austausch und Zusammenhalt untereinander zu sorgen.
Mit einer Kombination beider Modelle – einer sogenannt hybriden Arbeitsform – werde Müttern und Vätern zudem die Kinderbetreuung erleichtert und auch die Bedingungen für Menschen mit langen Arbeitswegen oder eingeschränkter Mobilität verbessert, stellt Veronica Melian klar. Eine Flexibilisierung könne die Diversität in Unternehmen erhöhen und wirke dem Fachkräftemangel entgegen. «So profitieren sowohl die Mitarbeitenden als auch die Unternehmen.»