Muskelzittern erwünscht: Von Ballett und Pilates inspiriert, schafft das Fitnesstraining an der Stange definierte Muskeln und verbessert die Haltung.
Fitness-Outfit statt rosa Ballerina-Tutu, barfuss statt mit Spitzenschuhen, moderne Dance Beats statt klassischer Musik. Nur die «Barre» – die Stange an der Wand – verrät die Inspiration vom Ballett: BarreConcept, auch bekannt als Barre Workout, Barre Sculpt oder einfach Barre oder Barré, ist ein Fitnesstraining, das vor allem Beine und Gesäss kräftigt und eine gute Körperhaltung fördert.
«Barre ist ein variantenreiches Cardiofitness-Programm, das Ballettpositionen und Pilateshaltungen einfliessen lässt», erklärt Christine Chapman, Fitnesstrainerin und zertifizierte Barre-Instruktorin mit Studios in den Kantonen Zug und Zürich: «Wir trainieren die Beine anhand von Basisübungen und Beinstellungen aus dem Ballett, oft an der Stange. Hinzu kommt ein kurzes Rumpf- und Oberkörpertraining auf der Matte. Die Körperhaltung wiederum ist dem Pilates entlehnt.» Das heisst, wie beim Pilates bleibt das Becken in neutraler Position und die Muskeln in der Körpermitte werden angespannt, indem man den Nabel leicht zur Wirbelsäule zieht. Das stabilisiert den Rumpf und richtet den Oberkörper auf. Viele Übungen werden je auf einem Bein ausgeführt. Die Ballettstange – oder auch eine Stuhllehne oder eine höhere Tischkante – helfen dabei, das Gleichgewicht zu halten.
Beim Barre Workout liegt der Fokus auf dem Training von Füssen, Beinen und Po. Die Übungen formen und kräftigen die Muskulatur, fördern Balancegefühl und Flexibilität. Das Ergebnis sind starke, aber schlanke Muskeln – so wie die schön definierten Beine von Tänzerinnen und Tänzern.
Dafür sorgt ein kleiner Unterschied mit grosser Wirkung: «Angesteuert werden vor allem die kleineren, stabilisierenden tiefer liegenden Muskeln, die bis zur Erschöpfung arbeiten», so Christine Chapman. Das unterscheidet Barre etwa auch vom traditionellen Krafttraining: An den Geräten im Studio oder beim Pumpen von Gewichten wird eher Muskelmasse aufgebaut. Barre hingegen sorgt für eine langgezogene, kräftige Muskelform. Die Technik dahinter? Zuerst werden gezielte Low-Impact-Bewegungen langsam wiederholt. Darauf folgen schnelle winzige pulsierende Bewegungen. Wenn die Muskeln brennen und das Bein zu zittern beginnt, dann setzt der Trainingseffekt ein. Dieses Halten in Dauerspannung oder mit minimalsten Bewegungen ist eine isometrische, also eine statische Kraftübung. Die Muskulatur kontrahiert während der gesamten Dauer. Das führt zu einem hochintensiven Trainingsreiz. Dieser wiederum verhilft zu einer definierten Muskelform.
Das Gute ist: Auch wenn wir uns vor allem auf die richtigen Bewegungen auf dem Übungsbein konzentrieren, so muss das Standbein ebenso arbeiten und wird ebenfalls gestärkt.
Und da wäre noch ein positiver Nebeneffekt: Während der Fokus auf den Beinen liegt, bleibt auch unser Oberkörper in einer Grundspannung. Damit wir nicht einsacken, wenn es anstrengend wird. So müssen Becken, Hüfte und Bauchmuskeln stabilisieren, das Schlüsselbein hebt sich, der Hals streckt sich, die Schultern bleiben entspannt. Auf diese Weise wird die Körperhaltung verbessert – und führt uns zu dieser eleganten, aufrechten Haltung, wie wir sie von Ballerinas kennen.
Der Barre Workout ist abwechslungsreich, die Übungen werden jeweils auf die Musik abgestimmt. Und es ist ein Powertraining, denn Pausen gibt es in einer Barre-Klasse kaum. Grundsätzlich ist das Fitnessworkout für alle geeignet, auch ohne Vorkenntnisse. Einige Athleten nutzen es auch als Ausgleichstraining für ihr Laufpensum oder als Wiedereinstieg nach einer Verletzung. Vom klassischen Ballett mit seinen präzisen Haltungen, schwierigen Techniken, Sprüngen und einem langsameren Tempo unterscheidet sich das Barre Workout doch ziemlich stark. Wie auch Christine Chapmann bestätigt: «Ballett ist eine Kunstform, eine Fähigkeit. BarreConcept ist ein Fitnessprogramm, das Gleichgewicht, Kraft, Ausdauer, Durchhaltevermögen und motorische Kontrolle verbessert.»
(Fortsetzung weiter unten…)
Ausgangsposition: Unterarme übereinanderlegen und auf der Stange/Stuhl-Rücklehne aufstützen. Mit den Beinen etwas zurücklaufen, so dass man den Rücken gut strecken kann. Bauchmuskeln anspannen, Nabel leicht Richtung Wirbelsäule ziehen, damit der Oberkörper aufgerichtet bleibt und das Becken stabilisiert wird.
Trainiert: Oberschenkel, Bauchmuskeln, Hüftbeuger, Adduktoren und Gesässmuskeln
Gleiche Ausgangsposition.
Trainiert: Gesässmuskeln, hintere Oberschenkelmuskulatur (Hamstrings), Bauchmuskeln
Gleiche Ausgangsposition.
Trainiert: Oberschenkel, Bauchmuskeln, Unterschenkelmuskulatur (Gastrocnemius und Soleus), Fussflexibilität
Ausgangsposition: Seitlich zur Stange stehen, Beine auseinander, Fussspitzen zeigen nach aussen. Eine Hand kann sich an der Stange abstützen. Bauchmuskeln anspannen und Oberkörper aufrichten, damit der Rücken gerade und stabil bleibt.
Trainiert: Oberschenkel, Bauchmuskeln, Unterschenkelmuskulatur (Gastrocnemius und Soleus), Adduktoren, Gesässmuskulatur
Ausgangsposition wie bei Übung 4.
Trainiert: Oberschenkel, Bauchmuskeln, Gesässmuskeln, seitliche Hüftrotatoren
© Fotos: Désirée Good