Ob gemütliches Gleiten oder dynamisches Kraft-Ausdauertraining – der Langlaufsport lockt immer mehr auf die Loipe. Das sollten Skilanglauf-Neulinge wissen.
Es sieht so einfach aus, zumindest der klassische Langlaufstil. Also gleich auf die schmalen Latten, fertig, los? Vor den ersten Schritten im Schnee lohnt es sich, mehr über Techniken, Ausrüstung und Loipen zu erfahren. Skilanglauf-Instruktor und Sportwissenschaftler Georg Hasselmann von Medbase Abtwil gibt einen Überblick für Langlauf-Einsteiger.
Zum klassischen Stil und zum Skating gesellen sich moderne Varianten wie Nordic Cruising – neudeutsch für Skiwandern – und Backcountry, das Querfeldeinwandern abseits der Loipe.
Als Einstieg ist der klassische Stil auch für weniger sportliche Personen geeignet. Oder generell für alle, die es lieber gemütlicher nehmen, die ein stilles Naturerlebnis im Schnee suchen. Auf der vorgespurten Loipe bewegt man sich ähnlich dem Nordic Walking durch den Schnee. Natürlich kann man das Klassischlaufen auch als Leistungssport ausüben. Die Technik zu perfektionieren, ist aber ziemlich schwierig.
Wer es dynamischer, ambitionierter mag und sportlich ist, wird mit der Skating-Technik schneller glücklich. Früher als im klassischen Stil erreicht man hier eine Geschwindigkeit und einen Flow, die Spass machen. Skating-Einsteiger sollten aber eine Grundkondition wie auch koordinative Fähigkeiten mitbringen.
Auf alle Fälle ist es empfehlenswert, mit einem Lehrer zu starten, denn Skilanglauf ist technisch anspruchsvoll. Das Gleiten erfordert Koordinationsfähigkeit und eine sehr gute Balance. Wer unter Anleitung eines Trainers die Grundtechnik korrekt erlernt, wird schnell und kraftsparend vorankommen.
Eine Herausforderung für Einsteiger sind sicher die Abfahrten und die Kurven. Hier ist es wichtig, sich etwas nach vorne zu lehnen. Instinktiv lehnt man sich eher nach hinten. Verlagert man das Gewicht nach vorne, sind Sturzrisiko und mögliche Sturzfolgen geringer. Das Tempo drosseln kann man, wenn man einen Fuss aus der Spur stellt und einen einseitigen Pflug macht.
Grundsätzlich hilft eine gewisse Regelmässigkeit, wenn man Fortschritte machen möchte. Und zwar lieber häufiger als länger auf die Loipe gehen. Also besser drei Mal eine Stunde pro Woche als drei Stunden lang an jedem zweiten oder dritten Wochenende. Der Körper vergisst schnell, wenn man eine zu grosse Pause zwischen den Trainings macht.
5500 Kilometer Langlaufloipen gibt es in der Schweiz. Ein Verzeichnis aller Gebiete und Langlaufschulen findet sich auf www.langlauf.ch
Um die Loipe zu benützen, bezahlt man einen Loipenpass – in Form einer Tages-, Wochen- oder Saisonkarte. Die Langlauf-Saisonkarte gibt es übrigens auch digital als Gratis-App «Schweizer Langlaufpass».
Die nordischen Loipen haben dieselben Farbcodes wie die alpinen Pisten: Blau steht für leicht, Rot für mittel und Schwarz für schwierig. Für die ersten Schritte ist man auf blauen Loipen gut unterwegs. Diese sind nicht zu lang und in der Regel flacher. Der Langlaufsport ist konditionell sehr anspruchsvoll, der ganze Körper ist gefordert. Wer genügend Energie hat, macht lieber eine Runde mehr auf der blauen oder roten. Das macht mehr Spass, als sich auf einer schwarzen Loipe mit steilen Aufstiegen, Abfahrten und Kurven möglicherweise zu überfordern.
Tatsächlich gibt es FIS-Regeln für Langläufer. Damit man einen unfallfreien Tag auf der Loipe geniessen kann, sollte Folgendes beachtet werden: Gelaufen wird in die ausgeschriebene Richtung auf der vorgespurten Loipe bzw. dem Skating-Trassee. Wie beim Autofahren hält man sich an die rechte Spur. Überholen ist aber links oder rechts erlaubt, besser aber - wie im Strassenverkehr - links. Wer stehen bleibt, macht Platz frei und tritt aus der Spur. Wichtig ist, dass man sich unbedingt an die Lauf-Richtung einer Loipe hält. In Abfahrten kann es sonst zu gefährlichen Situationen und Unfällen kommen.
Am Anfang kann eine Leihausrüstung sinnvoll sein, bis man sich für eine Lauftechnik entscheiden kann.
Skating- und Klassik-Materialien unterscheiden sich: Skating-Ski haben eine durchgehende Gleitzone. Klassik-Ski verfügen über eine Gleitzone sowie unter der Bindung eine Steigzone für das Steigwachs oder sind mit Felleinlage oder Mikroschuppen ausgestattet. Diese kleinen Einkerbungen bzw. das Wachs verzahnen sich mit dem Schnee und verhindern das Wegrutschen nach hinten. Für Anfänger sind die Schuppen- oder Fell-Ski eine gute Lösung. Man muss sich keine Gedanken machen über spezielles Steigwachs und kann ohne grossen Aufwand auf die Loipe.
Ski, Stöcke und Schuhe sind eine Einheit – und pro Laufstil unterschiedlich. Klassik-Ski sind länger und Klassik-Stöcke kürzer als das Skating-Material. Die Klassik-Schuhe sind weich, damit man den Druckpunkt spürt und gezielt vom Boden abstösst. Umgekehrt beim Skaten: Skating-Schuhe sind seitlich und an der Sohle stabiler, die Ski kürzer und die Stöcke länger als bei der klassischen Ausrüstung.
Die Ski für die klassische Technik sind nicht nur länger, sie unterscheiden sich von den Skating-Ski auch durch den Aufbau. Für die Auswahl sind die Körpergrösse, das Gewicht, die Kraft und auch das technische Niveau massgebend. Damit man mit seinen Ski viel Freude hat, müssen sie zu einem passen. Eine fachkundige Beratung bei der Auswahl ist unerlässlich.
Ohne Wachs kein gutes Gleiten und schnelles Vorankommen. Die Gleitzonen von Skating- wie auch Klassik-Ski präpariert man mit Gleitwachsen. Langlauf-Einsteiger kommen mit ein bis zwei Trainingswachsen aus: Eines für kalte und eines für wärmere Temperaturen. Wax für kalte Bedingungen läuft auch gut, wenn der Schnee etwas wärmer ist. Andersherum aber nicht. Wachsen heisst aber auch Pflegen und Reinigen. Das Wachs wird aufgetragen, eingebügelt und abgezogen. Beim Abziehen nimmt man so viel Dreck aus dem Ski. – Zu aufwendig? Das Sportfachgeschäft bietet einen Wachs-Service. Das Wachs hält dann für drei bis vier Trainings.
Beim Langlaufen wird einem mit der Bewegung rasch warm. Nicht zu weit geschnittene, bewegliche Funktionsbekleidung ist ideal. Wer auch im Winter joggt oder Velo fährt, kann sich vorerst bei der Running- oder Bike-Garderobe bedienen. Zu empfehlen ist das Zwiebel-Prinzip: Auf der Haut liegt feuchtigkeitstransportierende Sportunterwäsche. Darüber ein wärmendes Funktions-Langarmshirt, eine dünne Sporthose. Nicht zu unterschätzen ist der Windschutz, also eine winddichte Jacke oder Weste. Wichtig sind zudem Handschuhe und eine Mütze oder ein Stirnband, weil viel Wärme über den Kopf verloren geht.