Nirgends auf der Welt werden gemessen an der Bevölkerung mehr künstliche Hüftgelenke eingesetzt als in der Schweiz. Die wichtigsten Zahlen und Fakten dazu.
künstliche Hüftgelenke wurden 2021 in Schweizer Spitälern eingesetzt. Die Zahl der Eingriffe wächst seit Jahren stetig, so waren es 2013 noch 16’917 Eingriffe. Die Zunahme sei vor allem der demografischen Alterung geschuldet, sagt Andreas Mischler, Leiter der Geschäftsstelle des Schweizerischen Implantatregisters SIRIS. Darüber hinaus seien ältere Menschen heute aber auch aktiver als früher, sodass Hüft- oder auch Knieprobleme stärkere Einschränkungen bedeuten. Gleichzeitig seien die Operationsrisiken inzwischen so weit gesunken, dass heute auch Personen für den Eingriff infrage kommen, die man vor einigen Jahren noch nicht hätte operieren können.
Kein anderes Land implantiert gemessen an der Bevölkerungszahl mehr Hüftprothesen als die Schweiz. 2020 erhielten 308 von jeweils 100’000 Personen hierzulande ein neues Hüftgelenk. Die Prozedurrate ist damit fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller OECD-Länder und liegt beispielsweise in Schweden gerade einmal bei 203, in der Türkei sogar nur bei 50 pro 100’000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Nur Deutschland weist fast gleich hohe Zahlen auf wie wir.
Der häufigste Grund für den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes ist die Arthrose. Dieser vorzeitige Abbau des Knorpels, der die Knochenenden umhüllt und als Stossdämpfer wirkt, beginnt häufig schon ab 40 Jahren. Erste Anzeichen wie Gelenkschmerzen nach einem Tag mit viel Bewegung oder beim Gehen und Treppensteigen treten aber meist erst später auf, Gelenksteifigkeit am Morgen und Stechen in der Leistengegend deuten bereits auf einen fortgeschritteneren Verlauf hin. Arthrose ist nicht heilbar, ihr Verlauf kann aber mit viel Bewegung und frühzeitiger Behandlung verlangsamt werden. Gut sind gelenkschonende Aktivitäten wie Velofahren, Schwimmen oder Yoga. Keine Lösung dagegen ist radikales Ruhigstellen, selbst bei Schmerzen. Werden Gelenke zu wenig belastet, produziert die Gelenkinnenhaut kaum mehr Flüssigkeit. Sie trägt jedoch entscheidend dazu bei, den Knorpel gesund zu erhalten beziehungsweise einen weiteren Abbau zu verzögern.
Jahre alt ist eine Person im Durchschnitt, wenn sie ein künstliches Hüftgelenk erhält. Die grosse Mehrheit der Patientinnen und Patienten liegt in der Altersgruppe der 50- bis 80-Jährigen; nur gerade 5 Prozent sind bei einer solchen Operation jünger und etwa 14 Prozent älter. Frauen wird geringfügig öfter eine Hüftprothese eingesetzt als Männern.
Bei einer Arthrose wird der normale Alterungsprozess des Hüftgelenks durch verschiedene Faktoren beschleunigt: Überbelastungen durch Leistungssport oder schwere körperliche Arbeit, frühere Verletzungen, aber auch familiäre Veranlagung oder angeborene Fehlstellungen. Eine entscheidende Rolle spielen zudem Bewegungsmangel und Übergewicht: 65,2 Prozent aller Personen, denen eine Hüftprothese implantiert wird, sind übergewichtig oder adipös.
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wurde in Grossbritannien von Philip Wiles die erste sogenannte totale Hüftgelenkendoprothese implantiert, das also, was wir heute unter einem künstlichen Hüftgelenk verstehen. Versuche einer chirurgischen Behandlung der Hüftarthrose gab es aber bereits früher: Im 19. Jahrhundert etwa experimentierte man mit verschiedenem Gewebe der Schweineblase, das operativ zwischen die betroffenen Hüftflächen gelegt wurde. An Arthrose leidet der Mensch übrigens seit jeher. Schon an frühhistorischen Skeletten konnten Paleopathologen den entsprechenden Knorpelverschleiss feststellen, wie der britische Experte Ian Learmonth in einem wissenschaftlichen Beitrag im renommierten Fachjournal The Lancet schreibt. An der proportionalen Häufigkeit und Verteilung der Gelenkerkrankung habe sich dabei bis heute kaum etwas verändert.
Jahre beträgt die Lebensdauer einer Hüftprothese heute. Danach muss das künstliche Gelenk in der Regel ersetzt werden.
Mal bewegen sich die Hüftgelenke eines gesunden Menschen pro Jahr. Schon bei langsamem Gehen stemmen sie dabei das Dreifache unseres Körpergewichts, wie die Rheumaliga in einer Broschüre zum Thema festhält. Wenn wir uns schnell bewegen, tragen sie sogar das bis zu Siebenfache. Hüftgelenke sind die zweitgrössten Gelenke des Körpers, angeführt wird die Liste von den Kniegelenken.
Eine Hüftprothese wird normalerweise erst in Erwägung gezogen, wenn der Leidensdruck äusserst hoch, die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt und konservative Behandlungsmethoden ausgeschöpft sind. Zu diesen gehören etwa die Entlastung der Gelenke durch spezielle Schuheinlagen oder dämpfende Sohlen, aber auch schmerzlindernde Medikamente oder Hyaluronsäure-Injektionen, im fortgeschrittenen Krankheitsstadium auch Cortisonspritzen. Für den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks reicht heute dank minimalinvasiver Chirurgie ein Hautschnitt von etwa 8 Zentimetern. Das Muskelgewebe wird dabei nicht mehr durchtrennt, sondern lediglich zur Seite gedrückt.
Franken kostet eine Hüftprothese im Schnitt.
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