Der Darm macht weitaus mehr als nur Nahrung zu verdauen. Er beeinflusst unser körperliches Wohlbefinden, unser Immunsystem und auch die Gemütslage. Doch wie genau funktioniert er?
Tagtäglich leisten Milliarden von Zellen, Rezeptoren und Bakterien grösste Arbeit. Sie picken aus der aufgenommenen Nahrung raus, was der Körper für seine Funktion benötigt und filtern raus, was krank machen könnte. Wird dieses Zusammenspiel gestört, entstehen Verdauungsprobleme wie Verstopfung oder Blähungen. Und auch das seelische Wohlbefinden leidet darunter. Schauen wir uns also mal an, wie dieses wichtige Organ und der Verdauungsprozess funktionieren…
Würde man den Darm auseinanderfalten, wäre er ungefähr vier bis sechseinhalb Meter lang. Er besteht aus zwei Teilen: dem Dünndarm und dem Dickdarm.
Der Dünndarm ist ungefähr drei bis vier Meter lang und hat eine Verdauungsfläche von 120 bis 200 Quadratmetern. Er liegt gefaltet in der Bauchhöhle und besitzt winzige Ausstülpungen, die sogenannten Zotten. Sie identifizieren die Nährstoffe in der Nahrung und zerlegen sie mithilfe von Enzymen in ihre chemischen Bestandteile, damit sie in die Zellen und darüber ins Blut aufgenommen werden können. Der Dünndarm dient also der Aufnahme der Nährstoffe aus der Nahrung zur Energiegewinnung. Danach gibt der Dünndarm die unverdaulichen Reste an den Dickdarm weiter.
Der Dickdarm entzieht dem Nahrungsbrei Wasser und fügt ihm Schleim zu. So entsteht eine gleitfähige Masse. Diese wird dann im Mastdarm gespeichert, bevor sie ausgeschieden wird. Bis zum Stuhlgang vergehen in der Regel zwischen 24 und 72 Stunden, es gibt aber auch Menschen bei denen die Passage länger dauert.
Der Blinddarm liegt am Ende des Dünndarms. Man nennt ihn auch Wurmfortsatz oder Appendix. Die Bakterien im Blinddarm schützen den Dickdarm und auch den restlichen Körper vor Krankheitserregern. Ausserdem erneuern sie die Darmflora im Dickdarm, wenn diese aufgrund einer Durchfallerkrankung verloren geht.
Ohne unsere Leber könnten wir keine Fette verdauen. Sie produziert jeden Tag bis zu einem Liter Gallenflüssigkeit. Diese wird dann über die Gallenblase in den Zwölffingerdarm eingespiesen.
Die Verdauung beginnt bereits im Mund. Beim Kauen zerlegt der Speichel die Kohlenhydrate in ihre Bestandteile. Danach gelangt die Nahrung über die Speiseröhre in den Magen. Dort gibt es Platz für bis zu 1,5 Liter Nahrung. Im Magen werden dem Speisebrei Magensäfte und Enzyme zugefügt. Fettige Speisen können dort auch schon mal bis zu 9 Stunden bleiben. Leicht Verdauliches wie Kohlenhydrate gelangt bereits nach 1 bis 2 Stunden über den Zwölffingerdarm in den Hauptbereich der Verdauung – den Dünndarm. Aber auch die Bauchspeicheldrüse spielt hier eine wesentliche Rolle. Sie produziert die benötigten Verdauungssäfte um die Nahrungsbestandteile zu zerlegen, damit sie aufgenommen werden können. Die letzte Station im Verdauungsprozess übernimmt der Dickdarm. Was am Schluss noch übrig bleibt, wird dann in Richtung Mastdarm (Rektum) geschoben und über den After ausgeschieden.
Die Darmflora wächst und verändert sich in den ersten drei Lebensjahren. Danach hat sich ein relativ stabiles Ökosystem entwickelt, das durch äussere Einflüsse aber weiterhin gestört und verändert werden kann.
Die Darmflora jedes Menschen ist individuell. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: Sie beinhaltet Billionen von Bakterien– die sogenannten Mikroorganismen. Die Zusammensetzung wird von der Ernährung und aber auch vom psychischen Wohlbefinden beeinflusst – sowohl im positiven als auch im negativen Sinn.
Die Mikroorganismen in der Darmflora haben zwei wichtige Aufgaben. Zum einen ziehen sie alle verwertbaren Nährstoffe aus der Nahrung raus. Ausserdem produzieren sie Vitamine, Antikörper und verschiedene Botenstoffe wie Serotonin und Melatonin. Um ihre Arbeit zu unterstützen, befinden sich 80 Prozent der Immunzellen im Darm. Nur so kann der Körper zwischen Nahrung und potenziell Schädlichem unterscheiden.
Wie weiter oben bereits erwähnt, sitzt die Mehrheit der Immunzellen im Darm. Er wehrt aber nicht nur Krankheitserreger oder krankmachende Fremdstoffe ab, sondern trainiert auch unser Immunsystem. Er gibt die erlernten Informationen und die gebildeten Abwehrstoffe an den Körper weiter. So lernt er zwischen guten und schlechten Bakterien zu unterscheiden. Geht es unserem Darm nun aber nicht gut, leidet darum auch unser Immunsystem darunter.
Vom Darm führen mehr Nervenstränge ins Gehirn als umgekehrt. Das erklärt, warum die Darmgesundheit einen grossen Einfluss auf unsere Emotionen und Entscheidungsprozesse hat. Wie genau das funktioniert, konnten Wissenschaftler bis heute jedoch noch nicht entschlüsseln.
Wie bereits erwähnt reagiert der Darm sehr schnell mit Symptomen, wenn ihm etwas nicht gefällt. Sind Beschwerden wie Blähungen, Bauchschmerzen oder Durchfall nicht anhaltend oder schwer, müssen sie also nicht zwingend auf eine Magen-Darm-Erkrankung hinweisen. Treten sie aber zum Beispiel zusammen mit hohem Fieber oder im Blut im Stuhl auf, sollte man einen Arzt aufsuchen. Auch ein schmerzender, brettharter Bauch ist ein Alarmsignal, das keinesfalls ignoriert werden sollte.
Die meisten Entzündungen des Darms betreffen den Dickdarm. Sie können akut oder chronisch sein. Ausgelöst werden sie zum Beispiel durch Bakterien, Stress oder chronische Erkrankungen. Der Sammelbegriff für diese Entzündungen ist «Kolitis».
Bei einer Nahrungsmittelintoleranz können zum Beispiel Laktose, Fruktose oder Histamin nicht richtig aufgespaltet und verdaut werden, weil die benötigten Enzyme fehlen oder nur in kleinen Mengen vorhanden sind. Diese mangelhafte Verarbeitung führt oftmals zu Blähungen oder Bauchschmerzen.
Bei einer Nahrungsmittelallergie hingegen reagiert der Körper mit einer allergischen Reaktion darauf, dass – eigentlich harmlose – Nahrungspartikel ins Blut oder in die Lymphe gelangen. Oftmals sind es Eiweisse, welche diese Überreaktion des Immunsystems auslösen.