Während der Sommermonate zieht es viele zum Sporttreiben nach draussen. Doch bei erhöhter Aussentemperatur ist aus verschiedenen Gründen Vorsicht geboten.
Joggen, Velofahren, Rollerbladen, Stand-up-Paddeln – Sportarten wie diese haben im Sommer Hochkonjunktur. Doch was, wenn es sehr heiss ist? Dr. Michael Schwarz, Sport- und Bewegungswissenschaftler am Medbase Checkup Center in Zürich, warnt unter diesen Voraussetzungen vor zu viel Ehrgeiz im Sport – weil die grosse Hitze unseren Körper stark belastet.
«Durch die körperliche Anstrengung steigt die Körpertemperatur. Bei gleichzeitig warmen Aussentemperaturen muss der Organismus vermehrt kühlen», erklärt der Sportwissenschaftler. «Zum einen kühlen wir durch den Verlust von Wärme über eine gesteigerte Atemtätigkeit, das effektivere System ist aber der Wärmeverlust über die Verdunstung von Schweiss auf der Hautoberfläche.» Das Problem: Die Verdunstung ist bei hoher Luftfeuchtigkeit eingeschränkt. «Daher ist das Sporttreiben bei hohen Temperaturen grundsätzlich kritisch», so Schwarz.
Denn Sport bei Hitze kann mitunter sogar gefährlich werden – wenn der Körper die Wärme (selbstproduzierte und von aussen zugeführte Wärme) nicht mehr ausreichend abführen kann. «Dann steigt die Körperkerntemperatur zunehmend. Ab einem Wert von 40,5 bis 41 Grad Celsius kann es zu Störungen der Thermoregulation kommen, dass heisst, die Kühlsysteme versagen, was die Überhitzung noch verstärkt», so Schwarz. Erste Anzeichen sind Orientierungslosigkeit, Koordinationsstörungen und eine gesteigerte Reizbarkeit. «Man spricht dann von einem Hitzschlag, der ohne Behandlung (Vermeidung direkter Sonneneinstrahlung, Kühlung, Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr) zu Krampfzuständen, Lähmungserscheinungen und Bewusstlosigkeit bis zum Tod führen kann.»
Wie du bei einem Sonnenstich oder Hitzschlag richtig reagierst, erfährst du in diesem Beitrag.
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Besonders gefährdet sind Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Durch die Steigerung der Kühlfunktion und der damit einhergehenden Mehrarbeit des Herz-Kreislauf-Systems sollten Menschen mit entsprechenden Erkrankungen beim Wechsel von Klimazonen oder bei plötzlichen Hitzeperioden vorsichtig sein. Eine Akklimatisation geschieht in der Regel nach ein bis zwei Wochen, und das gewohnte Sportpensum sollte dann wieder problemlos möglich sein. «Der menschliche Körper passt sich der Hitze an, hauptsächlich indem er mehr Schweiss produziert, und empfindet dieselben hohen Temperaturen dann mitunter als weniger belastend», erklärt Experte Schwarz.
Ob ein Training bei hohen Temperaturen zum ernsthaften Problem für den Sporttreibenden werde, sei von vielen ganz unterschiedlichen Faktoren abhängig. Die wichtigsten Punkte sind der Trainingszustand der Person, die Intensität der körperlichen Belastung, die Zeit unter Exposition und der Grad der Akklimatisation. Das gelte auch für die Dauer der Belastung.
Generell gesehen könnten besonders Sportarten, bei denen die Ausdauer im Zentrum stehe, wie Joggen oder Velofahren, aber auch andere Outdoor-Aktivitäten wie Tennis oder Fussball, zu einer Überhitzung führen, fügt er an. «Wandern birgt natürlich auch ein gewisses Risiko. In der Höhe nimmt die Leistungsfähigkeit ab, weshalb sich viele Wanderer in den Bergen überschätzen und deutlich länger unterwegs sind als geplant. Die Versorgung mit Flüssigkeit stellt im alpinen Bereich bisweilen ein Problem dar, die Sonnenstrahlung ist intensiver bei wenig natürlichem Sonnenschutz.» Tipps, wie man Verletzungen beim Wandern behandelt, findest du hier.
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Schwarz rät allen Sportlern, die Gefahr nicht herauszufordern. Wer folgende sieben Punkte beachtet, minimiert das Risiko drastisch.
Das Wichtigste: Die Mittagshitze meiden, dann sind Temperatur, Sonneneinstrahlung und Ozon sehr hoch. Morgens sind die Temperaturen am kühlsten und die Luft am frischesten. Ein geringeres Risiko besteht auch am späten Abend. «In diesen Randstunden ist im Sommer Sporttreiben sicherlich unbedenklicher als tagsüber», so Schwarz. Wer zeitunabhängig trainieren möchte, nutzt bei grosser Hitze am besten ein klimatisiertes Fitnessstudio.
Wer morgens trainiert, hat auch den Vorteil, dass die Ozonbelastung am geringsten ist. Zwischen 11 und 19 Uhr ist sie am höchsten, danach nimmt sie wieder ab. Personen mit empfindlichen Atemwegen sollten Ausdauersport im Freien bei Werten zwischen 180 und 360 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft reduzieren. Oberhalb von 360 Milligramm sollten alle auf Sport im Freien lieber verzichten. Zu meiden ist auch Sport bei grosser Luftfeuchtigkeit. Anstrengend wird es besonders ab einer Belastung von 50 Prozent Luftfeuchte. Wie oben beschrieben kann sich unser Körper bei schwüler Witterung weniger gut abkühlen.
Zu umgehen ist bei körperlicher Anstrengung möglichst auch direkte Sonneneinstrahlung. Besser ist es, im Hochsommer am Schatten zu trainieren, zum Beispiel in einem Park mit Bäumen oder noch besser mit einem Waldlauf.
Als Outfit sind funktionelle Kleider zu wählen, der Sportart angepasst, so etwa für den Bereich Running. «Enganliegende Kleidung sollte eine feuchtigkeitsableitende und UV-schützende Funktion haben und eher einen hellen Farbton. Flatterkleidung kann auch dunkel sein, wie die Bewohner von Wüstengebieten beweisen», so Schwarz.
Essenziell ist auch der Sonnenschutz. Zu verwenden sind Cremes mit hohem Lichtschutzfaktor von 30 bis 50. «Es gibt spezielle Sonnenschutzcremes für den Sport, die meist sehr stark haften und einen hohen physikalischen Filter haben (kleine, helle Partikel, die das Sonnenlicht reflektieren)», erklärt Michael Schwarz. Nebst der richtigen Creme sind auch eine Sportsonnenbrille und ein Hut angezeigt. Gegebenenfalls hilft ein feuchtes Tuch, um den Nacken zu schützen; der ist nebst Kopf und Augen die empfindlichste Zone bei Hitze und Sonne.
Bei erhöhten Temperaturen ist es keine gute Idee, neue Rekorde brechen zu wollen. Besser, man reduziert die Intensität. Das macht sich sonst auch beim Puls bemerkbar, er schlägt schneller als unter normalen Bedingungen. Deshalb: Trainingspuls um fünf bis zehn Prozent reduzieren, um auf der sicheren Seite zu sein.
Das Allerwichtigste sei aber, für genug Flüssigkeit zu sorgen, betont Michael Schwarz. «Ein Liter pro Stunde ist ein guter Richtwert.» Einen guten Richtwert gibt der Trinkmengenrechner der Swiss Sports Nutrition Society (SSNS). Zu beachten ist aber – besonders bei längeren Einheiten bzw hoher Belastung – nicht nur die reine Flüssigkeitszufuhr, sondern auch die Versorgung mit Elektrolyten, also zum Beispiel Natrium, Kalium, Kalzium und Magnesium. Diese sind in der Regel in den gängigen Sportgetränken bzw. isotonischen Getränken enthalten. Wer unter langanhaltenden Belastungen zu Krämpfen neigt, kann zusätzlich Salztabletten nehmen und/oder sogenannte «Sour Shots». Michael Schwarz: «Das ist Essigwasser von eingelegten Gurken – ein Geheimtipp!»