Vitamine und andere Nährstoffe schützen vor freien Radikalen, welche in unserem Körper Schaden anrichten. Von einer Zufuhr über Nahrungsergänzungsmittel rät Ernährungsexperte David Fäh grundsätzlich ab. Denn eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse sichere den Bedarf bereits ab. Zudem gibt es einige Tricks zu beachten.
Antioxidantien sind Stoffe, die vor schädlichen Prozessen im Körper schützen. «Einen Teil davon kann der Körper selbst herstellen, andere müssen wir mit der Ernährung aufnehmen», erklärt Dr. med. David Fäh, Ernährungsexperte an der Berner Fachhochschule. Sie seien vor allem in Früchten und Gemüse und teilweise in anderen Lebensmitteln enthalten. Dazu gehören zum Beispiel die Vitamine C und E, die Vitamin-A-Vorstufe Betacarotin, Mineralstoffe wie Selen und Zink sowie Enzyme, Hormone und andere bioaktive Substanzen. Diese Stoffe schützen vor sogenannten freien Radikalen.
Trotz des bedrohlichen Namens: Es handelt es sich um nichts anderes als das lebenswichtige Element, das wir unaufhörlich mit der Atmung aufnehmen, nämlich den Sauerstoff. Die winzigen Teilchen sind tatsächlich ganz schön radikal. Der Vorgang spielt sich unter anderem in den Mitochondrien ab. Dies sind die Kraftwerke unseres Körpers, die in jeder Zelle vorhanden sind. Sie wandeln Traubenzucker (Glukose, C₆H₁₂O₆) und Sauerstoff (O₂) in Energie um. Dabei kommt es zu einer Kettenreaktion: Der Sauerstoff raubt anderen Molekülen eines der negativ geladenen Elementarteilchen (Elektronen), worauf diese ihrerseits eines zu wenig haben und sich mit allen möglichen Substanzen verbinden. Der biochemische Prozess entspricht der Oxidation von nicht lebendigen Materialien, etwa dem Rosten von Metallen.
Freie Radikale können Zellmembrane, Proteine und die Erbsubstanz angreifen. Sie werden für einen vorzeitigen Alterungsprozess verantwortlich gemacht sowie für zahlreiche Erkrankungen wie Krebs, Gefässerkrankungen und Parkinson. Begünstigt wird der Prozess durch UV- und ionisierende Strahlung im Sonnenlicht sowie durch das Rauchen. Nehmen freie Radikale überhand, spricht man von antioxidativem Stress. Grösstenteils werden die hochreaktiven Teilchen aber gleich wieder von körpereigenen Enzymen abgefangen.
Nein. «Man ist wieder von der Ansicht abgekommen, dass freie Radikale in jedem Fall verhindert und deaktiviert werden müssen», stellt Ernährungsexperte Fäh klar. Die Teilchen würden zum Beispiel bei der Abwehr von Bakterien und Viren mithelfen. «Es braucht eine gute Balance zwischen Pro- und Antioxidantien.» Eine grosse Anzahl von freien Radikalen entsteht zum Beispiel bei anstrengendem Ausdauertraining. Blockiert man diese mit der Einnahme von antioxidativen Nahrungsergänzungsmitteln, fällt der Trainingseffekt gemäss diversen Studien geringer aus.
Ja, sie sollen auch den Alterungsprozess der Haut verlangsamen. Dies jedoch vor allem, wenn man sie über die Ernährung zu sich nimmt. Viele Versprechen von Kosmetika-Herstellern hingegen sind wohl zu hoch gegriffen. Nachgewiesen ist ein Effekt von Vitamin C und Retinoiden (einem Stoff aus der Vitamin-A-Gruppe). Um eine frühe Hautalterung zu vermeiden, ist es aber mit Sicherheit am wichtigsten, sich vor der Sonne zu schützen und nicht zu rauchen.
Viele Anpreisungen der Hersteller sind Humbug. Meist stehen handfeste kommerzielle Interessen dahinter.
Das Angebot an Kapseln und anderen Präparaten mit Antioxidantien ist beträchtlich. Die Aufschriften machen Versprechen wie Anti-Aging oder Prävention von Krebs und anderen Krankheiten. Die nicht eben günstigen Mittel enthalten meist die Vitamine A, C und E, das Coenzym Q10, Glutathion und andere Substanzen. «Viele Anpreisungen der Hersteller sind Humbug», betont David Fäh. «Meist stehen handfeste kommerzielle Interessen dahinter.» Der Ernährungsexperte rät grundsätzlich davon ab, sich Antioxidantien in Form von Präparaten zuzuführen, es sei denn, man ernähre sich sehr einseitig und habe kaum Zugang zu Früchten und Gemüse. «Die meisten Menschen haben keinen Mangel an Antioxidantien.» Vitamin C (Ascorbinsäure) wird zum Beispiel auch als Konservierungsmittel in verarbeiteten Lebensmitteln und Getränken eingesetzt, sodass sogar Menschen, die wenig frische Mahlzeiten zu sich nehmen, genügend davon kriegen.
Idealerweise nehme der Körper Antioxidantien aber schon über unverarbeitete Lebensmittel auf, sagt Fäh. In dieser Form bestehe auch kaum Gefahr einer Überdosierung. Denn bei gewissen Stoffen wie etwa Betacarotin und Vitamin A kann eine durch Supplemente gesteigerte Einnahme zu einem höheren Krebsrisiko und einer tieferen Lebenserwartung führen. So haben zum Beispiel Studien gezeigt, dass Raucherinnen und Raucher sowie Personen, die Asbest ausgesetzt waren, unter Einnahme hochdosierter Vitamin-A-Präparate häufiger an Lungenkrebs erkrankten als die Kontrollgruppe, die Placebos erhielt.
Die antioxidative Kapazität von Nahrungsmitteln kann im Labor gemessen werden. Am verlässlichsten ist der sogenannte ORAC-Test (Oxygen Radical Absorbance Capacity). Dabei wird das Vitamin-E-Derivat Trolox bestimmt.
Diese Nahrungsmittel sind reich an Antioxidantien:
Nein, das ist nicht nötig. «Wer sich nach den gängigen Ernährungsempfehlungen richtet, nimmt automatisch genügend Antioxidantien auf», betont Ernährungsexperte David Fäh. Wegweisend dabei ist die Lebensmittelpyramide der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung. Diese Ernährungsart gewährleistet nicht nur den Schutz vor freien Radikalen, sondern auch vor Übergewicht und Überversorgung mit gewissen Stoffen und Nahrungsbestandteilen.