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Gesünder leben?

Gesünder leben?

Fermentieren: Wie Kimchi, Miso und Sauerkraut entstehen

Fermentieren liegt im Trend. Doch was genau geschieht bei diesem Gärprozess? Wir haben uns schlau gemacht.

Ein «kreativer Raum zwischen frisch und verfault». So umschreibt der bekannte US-Gastrokritiker Sandor Katz den Prozess der Fermentierung. Tönt wenig appetitlich – doch ohne Vergärungsprozess wären Delikatessen wie Schokolade, Käse, Kaffee und Wein undenkbar. Aber auch Bodenständiges wie Brot, Bier und Sauerkraut. Und Angesagtes wie Kimchi und Tempeh, die dazu beigetragen haben dürften, dass Fermentieren derzeit im Trend ist. Wobei: Fermentiert wird seit Tausenden Jahren. Überall auf der Welt.

Was sich verändert hat, ist die primäre Motivation und das Verständnis der zugrundeliegenden, mikrobiologischen Prozesse. Dass Bakterien Kohlenhydrate in Milchsäure umwandeln, wussten unsere Vorfahren in der Jungsteinzeit kaum. Dennoch erkannten sie, dass vergorene Lebensmittel nicht so schnell verschimmeln, also länger haltbar waren. Die heute selbstverständliche ständige Verfügbarkeit frischer Produkte mag den Bedarf nach Konservierung ein Stück weit obsolet gemacht haben. Dafür stehen jetzt die beiden anderen, nicht in der faszinierenden Aspekte der Fermentierung im Vordergrund: Bekömmlichkeit und Geschmack.

Vor Verzehr nicht erhitzen

Kimchi im Glas
Kimchi im Glas

Klar hingegen ist, dass Fermentiertes vor dem Verzehr nicht erhitzt werden sollte, weil das die Mikroorganismen abtöten würde. In pasteurisiertem Sauerkraut etwa sind die Milchsäurebakterien nicht mehr vorhanden. Am besten geniesst man Fermentiertes kalt, als Beilage zur Hauptmalzeit, wie dies etwa in Korea der Fall ist. Kimchi gehört dort zu jedem Essen.

Ebenso bemerkenswert bei fermentiertem Gemüse ist deren Aromavielfalt – irgendwo zwischen herzhaft und sauer, wobei der Gout je nach Produkt variiert. Fermentierte Rüebli etwa schmecken immer noch nach Rüebli, andere Produkte durchlaufen eine komplexere Transformation. Der erdige, leicht scharfe Geschmack von frischen Radiesli weicht zum Beispiel einer feinen Säure.

Auch ihr Aussehen verändert sich: Durch die Lake löst sich die Farbe der Haut und verteilt sich gleichmässig; die Radieschen wirken nun wie hellpurpur getüncht. «Fermentieren heisst Experimentieren», sagt der Starkoch Rolf Caviezel (siehe Interview), vor allem mit den beiden Parametern Zeit und Temperatur.

Je länger desto intensiver

Zeit und Temperatur sind von grosser Bedeutung in der Fermentierung: Je länger, desto intensiver wird der Geschmack, und je wärmer, desto schneller läuft der Prozess ab. Der amerikanische Brotpapst Ken Forkish bezeichnet sie deshalb sogar als Zutaten.

Doch wie lang ist lang genug? Forkish: «Ich höre diese Fragen immer wieder in meinen Kursen, und ich gebe stets die gleiche Antwort: Es kommt auf den individuellen Geschmack an. In der Regel kann man nach fünf bis sieben Tage probieren und beurteilen, ob es für einen stimmt.»

Zur Temperatur ist noch zu sagen, dass diese möglichst konstant sein soll, sonst wird der Gärprozess unberechenbar. Zu Hause bietet sich deshalb der Keller an. Salz (Salzlake) ist übrigens keine Zutat im eigentlichen Sinn, da es den Fermentierungsprozess nicht begünstigt, sondern im Gegenteil hemmt: Das Salz bewahrt das Gemüse vor dem Verderben, solange sich die Milchsäurebakterien noch nicht genügend vermehrt haben.

Fermentiertes aus aller Welt

Sauerkraut in einer Schale

Sauerkraut

Der Klassiker schlechthin aus fermentiertem Weiss- oder Spitzkohl.

Kimchi im Glas

Kimchi

Sozusagen die koreanische Variante des Sauerkrauts aus Chinakohl und anderen Gemüsen wie Gurken, Lauch und Rettich.

Miso

Miso

Ist eine japanische Paste und Basis der Misosuppe aus gedämpften Sojabohnen, Reis und Gerste, die in einem Fass vergären.

Tempeh

Tempeh

Ein vielseitig einsetzbarer Fleischersatz aus Indonesien: fermentierte Sojabohnen mit nussigem, pilzähnlichem Gout. 

Kombucha in Einmachgläsern

Kombucha

Fermentierter Tee, der kalt genossen wird. Je nach Teesorte
rosa bis dunkelbraun. 

Sauerteig am aufgehen

Sauerteigbrot

Brot, dessen Teig mit wilder Hefe fermentiert wird. Intensiver im Geschmack und länger frisch als Brot auf Basis von Backhefe.

So wird's gemacht – die Tipps vom Profi

Rolf Caviezel
Rolf Caviezel

Rolf Caviezel ist mehrfach ausgezeichneter Koch und Leiter des  Fermentationskochkurses an der Klubschule Migros.

  1. Was braucht es, um zu Hause fermentieren zu können?
    Nicht viel. Ein gutes Messer, zum Beispiel aus Keramik, damit die  Lebensmittel nicht gleich an der Oberfläche oxidieren. Ein verschliessbares Gefäss, idealerweise aus Glas. Plastik würde ich weniger empfehlen. Ein Stück Backpapier zum Verschliessen, damit die Gase entweichen können, von aussen aber keine Luft eindringt. Wer ein paar Franken investieren will, besorgt sich einen Gärspund. 
  2. Worauf sollte man achten? 
    Saubere Hände, vorher gut waschen und desinfizieren. Auch die Arbeitsoberfläche muss sauber sein. Dann die Lebensmittel zerkleinern, quetschen, kneten und im Eigensaft oder in einer Salzlake einlegen.Je nach Lebensmittel und Temperatur periodisch den Druck entweichen lassen. Nach fünf bis sieben Tagen kann man probieren.
  3. Welche Produkte taugen für Anfänger? 
    Ein guter Einstieg sind Rüebli, weil sie einen hohen Zuckergehalt haben. Danach kann man sich an Blumenkohl und Broccoli versuchen, die haben bereits etwas mehr Biss. Auch mit Erdbeeren lassen sich spannenden Sachen machen. Ebenso mit Kirschen, wo es eine Farbveränderung gibt. 
  4. Wie merkt man, dass etwas schiefgegangen ist? 
    Extreme Säure auf der Zunge ist ein guter Indikator, etwas nicht herunterzuschlucken. Aber auch der Geruch gibt Aufschluss. Sagt einem das Hirn Nein, dann sollte man darauf hören. Schliesslich sieht man es auch: Wenn sich Schimmel gebildet hat, nicht mehr essen! 
  5. Was ist der Hit in Ihren Kursen?
    Kwas, das osteuropäische Bier aus vergorenem Brot ist in zwei bis drei Tagen trinkbereit. Wer rasch ein Ergebnis will, ist damit gut bedient.

von Kian Ramezani,

veröffentlicht am 17.10.2018, angepasst am 24.09.2024


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