In der Schweiz trägt mehr als jedes zweite Kind eine Zahnspange. Wovon hängt der Behandlungserfolg ab, und wann wartet man besser?
Eben hatte der Nachwuchs noch ein symmetrisches Milchzahngebiss wie aus dem Bilderbuch, doch nun spriessen die ersten bleibenden Zähne schief aus dem Kiefer. Also sofort einen Termin bei der Kieferorthopädin vereinbaren? «Am besten zuerst den Familienzahnarzt fragen», schlägt Marcel Frei vor, Facharzt für Kieferorthopädie und Mitinhaber von Saxer und Frei Zahnärzte in Bad Zurzach AG.
Laut Schätzungen hat über die Hälfte der Kinder und Jugendlichen Zahnfehlstellungen, die mit einer Zahnspange korrigiert werden sollten. Wenn sich die Zähne zu dicht aneinanderreihen, lassen sie sich schlecht putzen, und das Risiko für Karies oder Parodontitis steigt. Manche Kinder lispeln und kauen gar «falsch» wegen Fehlstellungen, was ohne Behandlung zu Kopfschmerzen oder Kiefergelenkproblemen führen kann.
Die Gründe für unregelmässige Zähne sind verschieden: Manchmal ist der Nuggi schuld, der länger als drei Jahre benutzt wurde, oder der Daumen, der nach dem Wechsel der Frontzähne die Zahnstellung negativ beeinflusst. Die Fehlstellung des Kiefers kann auch vererbt sein. Und wenn Milchzähne wegen Karies zu früh gezogen werden müssen, sind Asymmetrien daneben programmiert.
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Bei Korrekturbedarf beginnt die Behandlung in der Regel etwa im Alter von neun oder zehn Jahren mit einer abnehmbaren Spange. Feste Brackets – eine fix montierte Spange – kommen meist erst zum Einsatz, wenn der Zahnwechsel komplett abgeschlossen ist. Entscheidend ist dabei die Art der Fehlstellung.
Ist etwa der Oberkiefer zu klein, sodass ein «Kreuzbiss» besteht, empfiehlt sich eine möglichst frühe Behandlung. Die in diesem Fall nötige Dehnung ist umso erfolgreicher, je jünger das Kind ist. Zwei bis drei Jahre dauert eine Behandlung im Schnitt – es kann aber auch schneller oder länger gehen. Auch dies hängt von der Entwicklung des Kindes ab – aber auch von der Motivation.
«Deshalb ist es wichtig, das Kind miteinzubeziehen. Nur wenn es mitmacht und den Sinn sieht, hat die Behandlung Erfolg», so Frei. Beharren bloss die Eltern auf der Spange, sei das Ergebnis meist unbefriedigend. «Dann lieber warten, bis das Kind älter ist und sich selbst an der Fehlstellung stört.» Zu spät ist es nie.
Immerhin: Hänseleien wegen Zahnspangen gibt es heute kaum mehr, beobachtet der Kieferorthopäde. «Eine Spange ist längst etwas Alltägliches.» Gemäss seiner Erfahrung sind es am ehesten die Eltern, die Spangenträgern den Mut nehmen können – etwa eine Mutter, die sagt: «So ein Folterinstrument hatte ich auch mal.»