Du willst deinen ersten Halbmarathon in Angriff nehmen? Erfahre, wie du dich in drei Monaten optimal darauf vorbereitest und hol dir den Trainingsplan.
Der Halbmarathon hat in den Jahren, seit der internationale Verband IAAF auf dieser Distanz Weltmeisterschaften durchführt, einen aussergewöhnlichen Siegeszug angetreten. Weltweit finden immer mehr Halbmarathonläufe statt – der grösste in der Schweiz ist der Greifenseelauf. Und immer mehr Läuferinnen und Läufer erkennen, dass der halbe Marathon alles andere als eine halbe Sache ist.
Die 21,1 Kilometer sind herausfordernd und anspruchsvoll und die perfekte Verbindung von Laufanstrengung und Laufgenuss. Der Halbmarathon kann, muss aber nicht, eine Zwischenstation auf dem Weg zum Marathon sein. Für viele ist er das perfekte Ziel, das ohne übertriebenen Aufwand erreicht werden kann. «Der Halbmarathon ist deshalb so attraktiv, weil man ihn auch mit einem mittleren Trainingsaufwand bestreiten kann und dabei ein geringes Risiko für Überlastungen des Bewegungsapparats hat», sagt Leistungsdiagnostiker Georg Hasselmann von Medbase.
Grundsätzlich ist der Halbmarathon eine Distanz, die man auch dann bewältigen kann, wenn man nur dreimal pro Woche joggen geht. Als Anfänger solltest du aber in der Lage sein, 60 Minuten am Stück ohne grössere Probleme zu laufen.
Die Distanz setzt ein regelmässiges Training des Herz-Kreislauf-Systems voraus und fordert den Bewegungsapparat, ohne dass es zu Überlastungen kommt. Bist du dir nicht sicher, was die Belastbarkeit deines Herz-Kreislauf-Systems oder des Bewegungsapparats angeht? Dann lass dich vorgängig beim Sportmediziner untersuchen.
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Mit der Vorbereitung für den Halbmarathon solltest du etwa drei Monate vor dem Wettkampf starten. Falls du bisher in einem Wettkampf nie weiter als vielleicht 10 oder 12 Kilometer gelaufen bist und vorhast, deinen ersten Halbmarathon zu laufen, musst du in den kommenden Monaten das Training folgendermassen aufbauen:
Unser Laufplan enthält verschiedene Trainingseinheiten mit unterschiedlichen Belastungsintensitäten. In den drei Vorbereitungsmonaten führen die kontinuierliche Steigerung des Laufvolumens und die Trainings bei unterschiedlichen Laufgeschwindigkeiten zu den entsprechenden Leistungsfortschritten (siehe weiter unten).
Je weiter das Training vom Wettkampfdatum entfernt ist, desto stärker orientieren sich die Trainingsinhalte auf die Steigerung bestimmter physiologischer Parameter wie zum Beispiel Herzfrequenz, Laktatwerte und Sauerstoffaufnahme (VO2max). In dieser Phase können die Lauftempi sowohl langsamer als auch deutlich schneller als die angestrebte Ziel-Pace sein. Wenn der Wettkampf näher rückt, liegt der Fokus zunehmend auf der Ökonomisierung der Lauftechnik in der Ziel-Pace und darauf, diese Technik über längere Zeit aufrechtzuerhalten.
Wie weiss man als Anfänger eigentlich, welches Tempo man laufen soll oder kann? Es gibt zwei Herangehensweisen, sagt Georg Hasselmann: «Entweder setze ich mir selbst ein Ziel und plane konkret, was ich dafür tun muss – mit der Gefahr der Über- oder Unterforderung. Oder ich ermittle zunächst mein aktuelles Können mithilfe von Leistungsdiagnostik und setze darauf aufbauend ein realistisches Ziel, das meine Möglichkeiten berücksichtigt.»
Zuerst solltest du dich langsam an die Distanz herantasten. Eine schrittweise Erhöhung der Laufkilometer ist dabei ein guter Massstab. Sie widerspiegelt den orthopädischen Stress, den dein Körper erfährt – also wie stark Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder belastet werden.
Im zweiten Monat steht neben der weiteren Steigerung des Umfangs auch die Variation des Lauftempos auf dem Plan. Jetzt können auch intensivere Trainingseinheiten integriert werden, aber das ruhige Tempo steht weiterhin im Vordergrund.
Der dritte Trainingsmonat wird in zwei sehr unterschiedliche Phasen unterteilt: Die ersten zwei Wochen bilden das sogenannte Functional Overreaching. In dieser Phase wird die Trainingsbelastung nochmals deutlich erhöht, und es ist wichtig, hier Durchhaltevermögen zu zeigen. Anschliessend folgt das Tapering, bei dem das Trainingsvolumen deutlich um 40–50% reduziert wird. Dies ermöglicht dem Körper, die durch das Training angestossenen Anpassungsprozesse abzuschliessen. Darüber hinaus hat der Körper nun auch Zeit, sich vollständig zu regenerieren, sodass du am Tag X bereit am Start stehst.
Wichtig: Vergiss auch Beweglichkeits- und Krafttraining nicht! Neben Kräftigungsübungen für den Rumpf sind auch solche für die Füsse wichtig.
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Es gibt eine Vielzahl von Definitionen für die verschiedenen Trainings-Intensitäten. Die Differenzierung dieser Intensitäten dient dazu, den Trainingsstress einzuschätzen und zu erkennen, welche Hauptanpassungen dadurch entstehen. Also zum Beispiel die Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2 max), mehr Muskelausdauer, Veränderungen im Energiestoffwechsel, Steigerung der mentalen Widerstandsfähigkeit etc.
Es existieren zwischen drei bis sieben Trainings-Intensitäts-Zonen. «Egal welcher Einteilung man folgt, eine wirklich individuelle und exakte Bestimmung der Intensitäten für sich selbst kann man nur über Leistungstests ermitteln», meint der Leiter der Leistungsdiagnostik bei Medbase in Abtwil: «Alle anderen Methoden – etwa die Berechnung anhand der maximalen Herzfrequenz – sind mehr oder weniger gut funktionierende Annäherungen.»
Möchte man keine Leistungsdiagnostik machen und trotzdem Intensitäten unterscheiden, dann genügt in der Regel das 3 Zonen-Modell nach Seiler. Das ist strenggenommen auch die einzige physiologische Differenzierung der Trainings- bzw. Belastungs-Intensitäten im Bereich Ausdauer. Man kann diese Intensitäten in locker, mittel und schnell unterteilen. Oder: Bis zur ersten Laktatschwelle, zwischen erster und zweiter Laktatschwelle und oberhalb der zweiten Laktatschwelle – diese kann über einen Leistungstest bestimmt werden.
Aerob: Dies bezeichnet die Energiegewinnung mit Sauerstoff. Der Körper nutzt Fette und Kohlenhydrate, wobei Fette bei niedrigen bis moderaten Intensitäten (z. B. in Zone 1) dominieren. Aerobe Aktivitäten wie lockeres Laufen oder Radfahren sind in der Regel länger und weniger intensiv. Fettoxidation geschieht hauptsächlich im aeroben Bereich, wo genügend Sauerstoff vorhanden ist.
Anaerob: Hier erfolgt die Energiegewinnung ohne Sauerstoff. Der Körper greift auf gespeicherte Kohlenhydrate (z. B. Glykogen) zurück, um schnell Energie für intensive, kurzfristige Aktivitäten wie Sprinten oder Krafttraining zu erzeugen. Dies führt zur Produktion von Milchsäure und schnellerer Ermüdung.
Das Lauftempo ist bewusst nicht vorgegeben. Es orientiert sich, an die oben beschriebenen Trainingszonen und am individuellen Empfinden. Ob dann dabei eine Laufzeit von 2:30, 2:00 oder 1:30 Stunden am Tag X herauskommt, liegt primär an der Lauf-Biografie der Läuferin bzw. des Läufers. Als Anhaltspunkt für eine realistische Ziel-Zeit oder Pace können die Tempoläufe (die Wettkampf-Pace ist ca. 5-10% langsamer als die Pace in der Einheit) oder auch die WK-Pace-Intervalle (diese Intervalle sollten ohne Probleme in der Pace möglich sein) dienen.
Zur Verbesserung der Ausdauer werden verschiedene Trainingsmethoden eingesetzt. Ein wesentlicher Anteil der Trainings ist die Dauermethode. Dabei läuft man läuft konstant in der vorgegebenen Geschwindigkeit bzw. Intensität, ohne grössere Variationen. Die Dauermethode findet in der Regel in der Intensitäts-Zone 2 statt.
Um das Stehvermögen verbessern oder sich auch an die Wettkampf- bzw. Ziel-Pace zu gewöhnen, kommen häufig intensivere Dauerläufe, sogenannte Tempoläufe, zum Einsatz.
Will man noch höhere Intensitäten trainieren, muss man diese meist in Intervall-Form durchführen. Dabei wechselt sich relativ kurze, aber sehr intensive Phasen mit systematischen Pausen ab. Ein klassisches Beispiel wären 1000 Meter-Intervalle mit 600 Meter-Trabpause oder 5 Minuten-Intervalle mit 3 Minuten-Trabpausen.
Wenn die Intensität durch Variationen in der Laufstrecke wie zum Beispiel Steigungen verändert wird und keine fest geplante Dauer hat, nennt man das Fahrtspiel.
Je besser deine Rumpfmuskulatur ist, desto effizienter läufst du (und desto weniger verletzungsanfälliger bist du). 20–30 Minuten Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht oder an Maschinen gehört deshalb mindestens einmal pro Woche (besser zweimal) zum Trainingsprogramm.
Stretching fördert das Körpergefühl und die Beweglichkeit. Nach einer intensiven Einheit solltest du nicht stretchen, weil die ermüdete Muskulatur Schaden nehmen könnte.
Gezielte Laufübungen fördern die Koordination und damit auch die Laufgeschwindigkeit.
Lade dir den kostenlosen Trainingsplan für den Halbmarathon bequem als pdf herunter.
Der Trainingsplan soll eine Guideline für Läufer*innen verschiedener Niveaus und Laufgeschwindigkeiten sein. Für Läufer*innen, die das erste Mal auf einen Halbmarathon hintrainieren, stellen die Einheiten in der Regel die Obergrenzen des aktuell sinnvollen Trainingsvolumens dar. Erfahrende Läufer*innen können den Plan dagegen mit der in Klammern stehenden oder einer individuellen Einheit ergänzen.
Wichtig: Die Trainingsinhalte der Monate bauen aufeinander auf und es ist daher nicht empfehlenswert, einen Monat auszulassen oder später einzusteigen.
Anmerkung zum Trainingsplan: Einheiten werden meist in Dauer angegeben, da die physiologischen Prozesse stärker mit der Zeit korrelieren. Trotzdem werden einige Schlüsseleinheiten in Kilometer angegeben, um sicher zu gehen, dass man die geforderte Wettkampf-Distanz auch absolvieren kann.